Ich hab mich schon immer gefragt seit ich hier in der Sächsischen Schweiz umherstromere: Wie ist es wohl in der „richtigen“ Schweiz. Kann man da auch so gut wildgrünwandern? Glücklicherweise hatte mein Bruder mich zu seiner Hochzeit in die Schweiz eingeladen und die Gelegenheit war günstiger denn je, um es herauszufinden. Also, Sachen geschnappt und von Schmilka nach Jena per Anhalter zu meinem Cousin, mit dem es dann zusammen per Auto zum Bodensee ging.
Wie zu Erwarten, ist natürlich in der Schweiz alles größer, einschließlich der Preise. Besonders für Übernachtungen und Essen. Aber ich wollte dort nur biwakieren oder Couch surfen und so nur ab und zu Geld für Essen ausgeben. Nach einem letzten Mahl und Übernachtung in der Zivilisation gings los zum Säntis, meinem ersten Ziel. Der Berg kann dort schließlich nicht einfach so herumstehen ohne dass ich oben gewesen bin. Ein Freund von meinem Bruder hat mich freundlicherweise bis zum Fuß des Berges zur Schwägalp mitgenommen.
Ich hatte noch keinen konkreten Plan zum Übernachten. Das wollte ich improvisieren. Ich wäre auch fast erfolgreich damit gewesen, wenn mir nicht das Wetter und meine mangelhafte Biwaksackbefestigungstechnik einen Strich durch die Rechnung gemacht hätten. Ich bin selbstverständlich mit meinem 15 Kilo Rucksack (hab nicht genau gewogen) zu Fuß den Säntissteig hochgestiegen, die Seilbahn dort hinauf war eh viel zu teuer. Das Wetter wurde immer feuchter, kühler, nebliger und windiger je näher ich dem Gipfel kam. Zum Schluß sah ich nichts mehr nach 2 Metern und es fegte ein Eissturm über den Grat zum Gipfel, auf dem ich mich befand ohne es zu wissen. Nach einer Weile fror mir die Kaputze und der Bart ein und ich bemerkte, dass sich mein hinten aufgeschnallter Biwaksack mit Isomatte und Schlafsack samt Regencover vom Rucksack gelöst hatte. Glücklicherweise hatte ich alles schön miteinander verknotet und ich konnte alles unter großem Aufwand wieder befestigen, denn meine Finger waren nur noch wabbelige Wiener Würste und nicht mehr zu viel zu gebrauchen. Jedoch den Biwaksack hatte ich nur zwischen die anderen Sachen geklemmt und der war natürlich weg. Aus der Traum vom Biwakieren.
Wie sich später herausgestellt hatte, muß das kurz vorm Gipfel auf der Himmelsleiter gewesen sein, eine lange Eisenstiege mit Drahtseilen, die steil den Gipfelgrat hinaufführt.
Als ich dann oben war, sah ich nur eine Betonwand und eine Art hölzernen Bergbautunnel in den Berg hineinführen. Ich hatte keine Ahnung wie es oben auf dem Gipfel aussah. Ich wußte nur, dass es dort eine Seilbahnstation geben muß. Ich tastete mich in dem Tunnel im Dunklen entlang, weil ich dachte der Lichtschalter wäre irgendein fieses mit Strom aufgeladendens Aggregat, welches unbedarften durchgefrorenen Bergsteigern mit einem Elektroschock den letzten Rest geben soll. Erst am anderen Ende des Tunnels verstand ich, dass da Licht angeht wenn man da draufdrückt.
Eine Wendeltreppe, verdächtige Wärme, ein steinernder Tunnel, eine Tür. Ich trat ein. Was sahen da meine Augen? Stille. Ich stand in einem großen, beheizten Saal, alles sauber, leise. Im Hintergrund ein großer Flatscreen von dem schweizer Almdudelvolksmusik einherklang. War ich im Himmel? Oder war ich ohne zu wissen warum und wohin einem weißen Kaninchen gefolgt und hatte jetzt die Konsequenzen zu tragen? Nein, es war nur die Seilbahnstation, die zu einem riesigen touristischen Luxusbau erweitert wurde. Mit Restaurant, Laden, Ausstellungen und allem Drum und Dran.
Tja Wildgrünwanderer, wat machste jetzt, dachte ich mir. Die letzte Seilbahn fuhr in ein paar Minuten und ich beschloß kurzerhand in anbetracht des Wetters dort hinunter zu fahren und mir unten was zum Übernachten zu suchen.
Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass mein Biwaksack den Abgang machen könnte. So war ich nicht auf Übernachten in Unterkünften eingestellt und ich mußte unten erkennen, dass die günstigste noch erreichbare Übernachtungsgelegenheit das neue Säntishotel auf der Schwägalp war. Das riß mir zwar ein Loch in die Kasse, aber der springende Punkt, der mich dazu brachte dort zu übernachten, war eine kostenlose Berg und Talfahrt auf den Säntis und die Benutzung des Wellnessbereiches. Ok, dann halt mal einen Tag notgedrungender Luxus. Muß auch mal sein.
Ein riesen Bett für mich alleine. Alles vorhanden. Die erste Nacht kam somit etwas anders als ich erwartet hatte.
Am nächsten Tag bin ich wieder mit der Seilbahn nach oben gefahren um von dort aus den ganzen Weg noch einmal runterzulaufen und meinen Biwaksack zu suchen. Fehlanzeige. Aber ich konnte mich schonmal in der Hütte Tierwies auf der Hälfte des Weges für die Nacht einbuchen. Damit war schonmal der unverhältnismäßig hohe, von mir ausgehende cashflow gefixt.
Nach intensiver Nutzung des absolut genialen Wellnessbereiches mit Blick auf den Säntis, ging es zum Übernachten auf die Hütte. Ich war der einzige Gast dort. Auch kein Wunder bei dem Wetter. Die Betreiber luden mich zu sich in die Küche auf ein Abendessen und ein Schwätzchen ein. Ab und zu verstand ich sogar auch was und konnte fast mein passives Schweizerdeutsch verbessern. Die Hütte war nur in der Küche beheizt, Wasser gab es nur spritzerweise aus einem Regenreservoir und es gab ein Plumsklo. Strom nur stark eingeschränkt aus Batterie und Solarpanel. Ein krasser Gegensatz zu letzter Nacht.
Der Hüttenwirt gab mir noch den Tip am Fuße des Geröllfeldes vom Säntisgrat nach dem Biwaksack zu suchen, da er wahrscheinlich dort hinuntergeflogen war und sich vielleicht irgendwo verkantet hat. Das tat ich am nächsten Morgen auch, aber ohne Erfolg. Also dann halt Hüttentour. Auch für ein Matratzenlager ala Tierwies muß man 50 € mindestens pro Nacht zahlen. Das Abendessen und Frühstück war dann allerdings schon dabei. Auf den Hütten gab es alles in allem eher die Sachen zu essen, die ich sonst eher meide aber man kann dort nicht wählerisch sein. Zum Glück gab es am Wegesrand auch immer jede Menge Wildkräuter zum Naschen als Ausgleich.
Die folgenden Tage zog ich von Hütte zu Hütte und besuchte zwei Höhlen und ein paar Gipfel. Die Sicht und das Wetter wurde zunehmend besser, so das ich insgesamt sehr viele Wetterfacetten dort oben erlebt habe. Ich verdingte mich auch einmal als Elektrozaunabwickler. Danke an Emil für ein großzügiges Belohnungsmahl. Und hielt ein Schwätzchen mit einem Einradfahrer, der mir einen steilen Gratweg entgegengefahren kam. Interessante Leute trifft man dort oben.
Zum Schluß bin ich dann den Thurweg von Starkenbach bis nach Krummenau gelaufen und habe meine letzten eingetauschten Franken für etwas zu Essen und eine Bahnfahrkarte zu meinem Bruder ausgegeben, so dass ich letztendlich doch nicht das trampen in der Schweiz ausprobiert habe.
Vom Bodensee nach Jena ging es jedoch ganz gut. Ich brauchte nur einen Tag und zwei Fahrer.
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Lebe grün und frei,
Der Wildgruenwanderer 🙂